Fischkopf in Lederhose
Seit etwa 1 1/2 Jahren bin ich nun schon offizieller Bürger des Freistaat Bayern. Für einen "Fischkopf" und gleichzeitig FC-Bayern-, Trachten-, Weißbier- und Dialekthasser wie mich, der aus der "Stadt am Meer" kommt, wie mein Freund Ben aus Berlin immer zu sagen pflegt, ein äußerst seltsames Gefühl.
Erstrecht, wenn man sich wie damals, nur wenige Wochen nach Beginn des neuen Lebens im Süden, auf dem Hubschrauberlandeplatz der Universität einfindet, um einer, der schon in Hamburg eher demotivierenden Demos gegen Studiengebühren beizuwohnen. Lust- und Planlosigkeit herrscht. Der einzige Grund, warum man sich nicht sofort in die Mensa verzieht ist alleine die Tatsache, dass dort „Bayrische Woche“ herrscht, inkl. besoffen auf den Tischen rumhämmernden BWLern (Ja, das eine oder andere Weizen am Mittag scheint hier normal zu sein!) und traditioneller Blaskapelle.
So steht man dort bedröppelt in der bavarischen Pampa und wünscht sich die Hamburger Streitzüge gegen Bildungssenator Dräger zurück, bei denen man wenigstens am Dammtor noch kurz zu McDonald reinflitzen konnte (ohne Blaßkapelle!).
Und dann passiert es! Ein Plakat wird ausgerollt: „Ede Stoiber – Bildungsräuber“!
Welch ein Motivationsschub! Das hatte keiner von uns Neubayern vorher bedacht…hier im Süden der Republik ist der Feind ein anderer! Kein Ole von Beust mehr, dessen Langweiligkeit und somit Nicht-Eignung zum Angriffsziel höchstens von der Anzahl der Homosexuellen-Gerüchte um ihn übertroffen wird. Hier hatte man Edmund Stoiber vor sich, einen ehemaligen Fast-Kanzler und Kultfigur der deutschen Politsatire. Wenn da meckern kein Spaß bringt, wo dann? Bayern, das einzige Bundesland, in dem sich selbst Afrikastudenten ruhigen Gewissens als ihrem Landesoberhaupt rhetorisch überlegen bezeichnen können. Plötzlich war ich froh an diesem Ort zu verweilen. Es brachte einen Hauch von „Guerilla-Feeling“ mit sich. Man kommt aus dem in jederlei Hinsicht besseren Hamburg in den Schurkenstaat Bayern und beginnt sofort mit der Unterwanderung, obwohl man gar nicht hier her gehört, nicht lange bleiben wird und somit auch gar kein Recht hat zu meckern. Doch es brachte Spaß an diesem Tag. Für einen Moment sah ich meinen Aufenthalt als eine gewisse Bereicherung in meinem Leben an. Und noch heute verspüre ich, wenn ich Dinge wie DAS aufspüre, einen gewissen Stolz später einmal sagen zu können, drei Jahre unter Herrschaft des Zerstoibers ohne Schaden überstanden zu haben.
Robstar - 8. Februar, 01:17
Saupreiß (Gast) - 8. August, 18:58
Herzlichen Glückwunsch. Und Seehofer überstehen wir auch nicht. Und was danach noch kommt...
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